„ADAM, die „das Letzte““. Hannoversche Allgemeine Zeitung, 10.April 1999
Diese Vorstellung ist wirklich das Letzte, dachte wohl der junge Mann als „das Mädchen“, gespielt von Wiebke Puls, vergewaltigt wurde und verließ polternd das Theater. Wir befinden uns mitten in der letzten Vorstellung von „Adam Geist“ im Schauspielhaus in Hannover. Die drängende Frage, die der Regisseur Andreas Kriegenburg in der Kantine thematisiert, treibt uns auch um, ob es sich um ein Theaterstück oder ein Filmdrehbuch handelt oder ist das Ganze eher eine Installation, wie es nach der Premiere (Datum) eine Intendantenkollegin formuliert hat. Kann das noch geklärt werden? Auf jeden Fall ist es ein langer Theaterabend. Ach, wäre doch dieser Zuschauerraum kein Zuschauerraum und man könnte zwischendrin hinausgehen und sich ein Bier holen, wie es die Theaterfeuerwehrcrew auf der Bühne vorexerziert und dann dem Material weiter folgen. Oder befinden wir uns bei Passionsfestspielen? Entsteht hier nicht Pietà um Pietà? Entsteht hier nicht Bild um Bild mit einem Schmerzensmann im Mittelpunkt? Oder denkt man beim Beginn des zweiten Teils nicht an den Komödienstadl, denn wie anders ist es zu verstehen, wenn Adam Geist Jerry Lewis trifft, wenn Jerry Lewis Jesus Christus trifft oder wenn der OBI-Markt auf urbi et orbi trifft. In Hannover läuft übrigens parallel zu dieser Aufführung am Donnerstagabend das leider viel besser besuchte Schützenfest, aber ein Publikum hat sich diese Aufführung trotzdem erarbeitet. Im Zuschauerraum viele Besucher, die ein zweites oder drittes Mal gekommen sind; alle Dramaturgen des Schauspielhauses, der zukünftige, der amtierende Intendant – also auch ein Abend für Insider, denn hier gibt es über Theater etwas zu verstehen und zu lernen. Und durch diesen großen Theaterabend wird das Theater wieder zu einem Ort der Sehnsucht, Sehnsucht nach Liebe und Zuneigung. Zum Diskussionsforum – und der Zuschauer muß in das Gespräch mit dem Bühnengeschehen eintreten. Nach solchen Vorstellungen will und muß man weiterarbeiten mit den Künstlern und dem Publikum des Theaters. Nehmen wir also Abschied von Adam Geist. Nehmen wir Abschied nach der 14. Vorstellung von den Paaren auf der Bühne. Nehmen wir Abschied von einem fabelhaften Ensemble, angeführt von Alexander Simon, der das brillante Theaterdrehbuch von Dea Loher lustvoll und schmerzlich spielt. „Adam Geist“ war ein Fremdenlegionär im Spielplan des Schauspielhauses und jede dieser Vorstellungen – da bin ich sicher – ein Fest in diesem Theater. Gründen wir also eine Bürgerinitiative zur Wiederaufnahme dieser Produktion in der nächsten Spielzeit und bitten um Briefe und Zustimmungsbekundungen an den Autor dieses Artikels. Adieu, Adam.